Stolpersteine in Hallenberg: Erinnerung an die Opfer des NS-Terrors
Die Aktion Stolpersteine, ins Leben gerufen von Künstler Gunter Demnig, ist ein europaweites Projekt, mit dem der Opfer des Nationalsozialismus gedacht wird. Seit über 30 Jahren wurden mehr als 110.000 dieser kleinen Gedenktafeln, eingelassen in den Gehweg vor den letzten frei gewählten Wohnorten der Opfer, verlegt. Auch in Hallenberg erinnern 21 Stolpersteine an das Schicksal jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger, die über 350 Jahre lang Teil der Stadtgemeinde waren.
1933 lebten noch 38 jüdische Menschen in Hallenberg. Doch die systematische Verfolgung durch die Nationalsozialisten führte zu Deportationen, Enteignungen und Morden. Die letzten acht jüdischen Hallenberger wurden 1942 deportiert und ermordet.


Die Familie Stessmann hatte über viele Generationen ein Haus und ein Eisenwarengeschäft im Bereich der heutigen Volksbank. Nach hinten befand sich an ihrem Haus der Synagogenraum, der in der Kristallnacht abgebrannt wurde.
Siegfried Stessmann hat fast 20 Jahre in der Stadtkapelle Klarinette und Tuba gespielt. Sein Vater Moses war Mitbegründer des SGV, der Onkel Alex Schützenkönig, Bruder Julius im Kriegerverein.
Die drei sind noch vor dem II. Weltkrieg gestorben, ihre Grabsteine stehen auf dem Hallenberger Friedhof. Siegfried Stessmann ist auf mehreren alten Vereinsfotos zu sehen.
Bis Mitte der 1930er Jahre haben sich die Musikkollegen und vor allem Kapellmeister Hugo Hartmann aktiv vor ihn gestellt, als die Bedrohungen der Nazis zunahmen. Später sind die jüdischen Hallenberger aber wie überall völlig isoliert und ihre Häuser und Geschäfte zu Schleuderpreisen verkauft worden. Siegfried Stessmann wurde nach der Pogromnacht mit weiteren Männern aus Hallenberg verhaftet, ins KZ Sachsenhausen deportiert und kam nur unter der Bedingung frei, Anfang 1939 nach Palästina auszureisen. Er hat überlebt, dort eine Familie gegründet und später einen Teil seiner Verwandten wieder getroffen. 1976 war er zu Besuch in Hallenberg und ist in den 1980er Jahren gestorben.
Nicht überlebt hat seine Schwester Sidonie, die wohl auch – wie die ganze Familie – sehr musikalisch war und einen guten Draht zur Stadtkapelle hatte. Auf dem 25-jährigen Jubiläum war sie beim Umzug eine der Girlanden-Trägerinnen, was zur damaligen Zeit einer großen Ehre entsprach. Sidonie ist vor den Nazis in die Niederlande geflüchtet, wurde dort nach der deutschen Besatzung aber verhaftet und ins Vernichtungslager Sobibor in Polen deportiert, wo sie am 16. Juli 1943 mit 39 Jahren in den Gaskammern umgebracht wurde. Die Stadtkapelle übernimmt daher die Patenschaft für den Stolperstein von Sidonie Stessmann und ehrt damit die Erinnerung an die Schwester unseres ehemaligen Musikkollegen.
Der Nachname Stessmann wäre ohne das Nazi-Regime vermutlich heute in Hallenberg genau so geläufig wie Ante, Dielenhein, Maurer, Mause, Paffe oder so einige andere.





